Das Funk’n’Soul-Collective „Annie Questions?“ besticht seit mittlerweile 3 1/2 Jahrzehnten durch Spielfreude, Virtuosität und Spontanietät mit ihrer unverkennbaren Mixture aus der Freiheit des spirituellen Jazzfunk, dem soliden Fundament des Soul und dem Kampfgeist der Silent Revolution der 1970iger Jahre. In einigen Momenten, während man mal nicht mit dem Bühnengeschehen, sondern mit den eigenen wackelnden Hüften oder dem die Stirn hinabrinnenden Schweiß beschäftigt ist, wähnt man sich in Zeiten des legandären New Yorker Studio 54.

Dann nämlich kann man vom Bassisten U.W.E. die bestechenden Hooklines eines Bernard Edwards (Chic) oder eines Verdine White (Earth, Wind & Fire) vernehmen, dazu die souverän-groovenden Beats des Drummers Tobias Schölles, unterstützt von furiosen Persussion des Bandleaders Dr. Funky. P., der diesen Job – quasi neben seiner Hauptrolle als Impressario, Sänger und Conductor – lustvollst-gekonnt ausfüllt. Kaum hat man dieses Gedankengebäude betreten, scheint es, als trügen die Frauen um einen herum Schlaghosen mit Pailletten und die Männer alle dicke Pornobalken im Gesicht. Löst man sich vom hypnotisch-akustischen Treiben und öffnet die Augen, erblickt  man auf der Bühne neun Menschen, die zur großen Zeit von Funk und Disco entweder Kinder oder noch nicht einmal geboren waren. „Annie Questions?“ sind – dank Erfahrung, Leidenschaft und Hingabe – Könner ihres Metiers, und es macht Spaß, Könnern zuzuhören und zuzusehen, sich einfach treiben zu lassen.

Faszinierend – zum einen – weil man merkt, dass diese Band Pop inhaliert hat: Da schlägt Drummer Tobias Schölles bspw. einen simplen Bill-Withers-Groove an, untermauert von einem knochigen Slapbass U.W.E.’s und dann – wie beiläufig – lässt Gitarrist Linus van Pelt Wah Wah Watson-Verweise einfliessen, während Keyboarder Christian Schega – am Fender Rhodes – zwischen Donald Fagen und – hammondtechnisch – Jimmy Smith changiert. Alles garniert durch (be-)stechende Riffs und elegische Patterns der Bläsersection um ACE (Trombone), Mr. Waterwheel (Trumpet, Flügelhorn) und Thorsten (Saxophone), deren unverkennbarer Ursprung der urbane Jazz ist. Curtis Mayfield, Marvin Gaye, George Clinton und James Brown scheinen ohnehin ebenso allgegenwärtig wie Prince. Von Beginn an orientieren sich die „Questions?“ an Motown und Glam, Stax Tracks und Northern Soul, Acid- und DancefloorJazz in ihrer ganz eigenen Art der Interpretation.

Zum anderen beeindrucken Virtuosität und die individuellen, den „Questions?“-Sound prägenden, Stimmen der von Dr. Funky P. souverän intonierten Solisten. Insbesondere wenn die Avantgarde des Jazzfunk die Sicherheit der Formen verlässt, meistert die Band in jedem Song die Gratwanderung zwischen einem musikalischen Leben, das fast die gesamte Popgeschichte umfasst, und dem Anspruch, ganz auf der Höhe der Zeit zu sein.

Da die etatmäßige Bandleaderin Mary beim diesjährigen Landauer Sommer nicht mir von der Par-tié sein kann, konnten die ‘Paradiesvögel des Funk’ – exclusiv für diese Festivalperformance – die indonesisch-stämmige Sängerin Sas Saenab gewinnen.

Also verpasst nicht diesen besonderen Auftritt beim diesjährigen Landauer Sommer. Nicht nur, dass die Stadt Landau Geburtstag feiert, auch Annie Questions hat dieses Jahr ein großes Jubiläum (mehr dazu später). Achtung: wir spielen schon ab 18:30 Uhr eine Stunde, bevor wir dann die Klinke, bzw das Mikrofon an die nächsten Bands auf der Local Hero Stage an der Stiftskirche weiter geben. Mehr zum Programm hier und hier.